Dr. Dorit Feddersen-Petersen – Aggression und Gefährliche Hunde
Es war eine gelungene Veranstaltung. Über 40 Teilnehmer kamen von Glücksburg bis Augsburg zur Akademie nach Babenhausen, um an einem Fachseminar von Dr. Dorit Feddersen-Petersen teilzunehmen.
Immer wieder oder immer noch, wird über aggressive Hunde berichtet, die Menschen angegriffen oder gebissen haben. Meist ist dabei von „Kampfhunden“ die Rede, die erblich bedingt ein höheres Aggressionspotential aufweisen sollen. Wesenstests und Rasselisten wurden eingeführt, um Abhilfe zu schaffen. Aber liegt die Basis der Aggression wirklich in den Genen? Oder muss man auf der Suche nach der Ursache für aggressives Verhalten nicht doch eher in der Erziehung oder der Gesundheit der Hunde suchen?
Am vergangenen Wochenende hielt Dr. Dorit Urd Feddersen-Petersen in der Akademie einen Vortrag über Aggression und Gefährliche Hunde. Für die bekannte Verhaltenswissenschaftlerin mit dem Forschungsschwerpunkt Verhalten von Tieren aus der Familie der Hunde, ist der Begriff „gefährlicher Hund“ rasseneutral und nur in Zusammenhang mit einzelnen Individuen zu verwenden. Es gibt auch keine per se „gefährlichen Hunderassen“, darin sind sich Hundetrainer und Verhaltensforscher einig – es liegt nicht alles in den Genen.
Vortrag über Aggression und Beutefangverhalten und Gefährliche Hunde
Ihre Tätigkeit als Gutachterin bei schwerwiegenden Bissverletzungen von Hunden, stellt immer wieder klar, dass Hund und Mensch ein Beziehungsgespann darstellen, wodurch das Hundeverhalten vom Menschen entscheidend beeinflusst wird. Ursächlich und verantwortlich für ein aggressives Verhalten des Hundes sind demzufolge immer der Mensch und das soziale Umfeld des betroffenen Hundes. „Aggressivität“ und „Gefährlichkeit“ sind somit auch nicht synonym, sondern unterscheiden sich maßgeblich. Hier werden Begrifflichkeiten oft falsch verwendet.
Hunde, die knurren, sind nicht aggressiv, sie kommunizieren. Das ist den Menschen oft nicht bewusst. Aggressivität ist ein unverzichtbarer Bestandteil des Sozialverhaltens und der Kommunikation von Hunden, vergleichbar mit lautem Reden bis hin zum Schreien beim Menschen.
Dabei muss man differenzieren: Natürliches Aggressionsverhalten zeigen Hunde im Rahmen der Verteidigung, wie z. B. beim Territorialverhalten. Normal ist auch, dass Hunde durch aggressives Verhalten nach außen ihre Position in einer Gruppe verdeutlichen, ohne sich gegenseitig zu beißen. Bewegt sich ein Hund jedoch in seiner Verhaltensform ständig auf der höchsten Stufe des Eskalationsniveaus und scheut auch nicht davor zu beißen, ist das ein Zeichen mangelnder Angepasstheit in das Sozialsystem und als Verhaltensstörung zu werten. Abzugrenzen davon ist allerdings aggressives Verhalten durch Krankheit, wie z.B. durch bestimmte Hirntumore und schmerzhafte Prozesse. Diese können eine Wesensänderung mit gesteigertem Aggressionsverhalten bei Hunden auslösen. Aber auch Jagdtrieb und Frustration können Aggression hervorrufen.